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Das November-Blatt aus dem Kalender 2006 der Firma Dekolaj.

Zucker auf Santa Lemusa

Auf Santa Lemusa wurde Zucker vermutlich schon ab den 1640er Jahren angebaut – allerdings nie in einem Masse wie etwa auf Martinique oder Guadeloupe, wo die jährliche Produktion im Jahre 1835 ganze 36'000 Tonnen betrug. Wie auf den anderen Inseln waren es allerdings auch auf Santa Lemusa wohl hauptsächlich Sklaven, die in den Zucker-Plantagen arbeiteten – wobei ihre Zahl im Vergleich zur übrigen Karibik recht gering gewesen sein muss. Eine Tatsache, die den Historiker Jean-Marie Tromontis zu der These verleitet hat, Santa Lemusa müsse ab dem frühen 18. Jahrhundert eine Art Zufluchtsort für freigelassene oder gar geflüchtete Sklaven gewesen sein.

Abschaffung der Sklaverei

Am 5. Februar 1794 dann wurde in den französischen Kolonien erstmals die Sklaverei abgeschafft. Auf den meisten Inseln allerdings wurde dieser Schritt in die Humanität bald wieder rückgängig gemacht. Die definitive Abschaffung erfolgte dann erst am 27. April 1848 durch ein von Victor Schoelcher ausgearbeitetes Dekret. Im Unterschied zu den anderen Inseln wurde auf Santa Lemusa die Sklaverei nach 1794 nicht wieder eingeführt: Das dürfte seinen Grund eben gerade darin gehabt haben, dass die Zuckerindustrie auf der Insel nicht dieselbe Bedeutung hatte wie in den anderen französischen Kolonien – und es folglich gar nicht so viele Sklaven brauchte.

Vertragsarbeiter

Allerdings war Santa Lemusa so schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit einem Problem konfrontiert, das andere westindische Kolonien erst rund fünfzig Jahre später in vollem Umfang betraf. Die Abschaffung der Sklaverei machte die Suche nach neuen, billigen Arbeitskräften nötig – und also liessen sich in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zahlreiche Inder vor allem aus den englischen und französischen Kolonien im Süden des indischen Subkontinents auf Santa Lemusa nieder. Auch heute noch sind es zu einem grossen Teil Inder, die auf den Zuckerplantagen und in der Zuckerrohrverarbeitung tätig sind.

Das «Traité du sucre»

Ende des 19. Jahrhunderts geriet die Zuckerrohr-Industrie der Karibik in eine enorme Krise. Die Ausbeutung der Zuckerrübe durch europäische Industrien wurde erheblich verbessert. 1850 noch wurden nur 16 Prozent allen Zuckers aus der Rübe gewonnen – 1880 waren es bereits 48 Prozent. Die Folge war ein völliger Preiszerfall, die wichtigste Industrie der Antillen schien am Ende. Paradoxerweise war es der Erste Weltkrieg, in dem ein Bedarf nach Rum bestand wie noch nie, der zusammen mit der Kontingentierung (zuerst des Rums, dann des Zuckers) zu einer allmählichen Erholung der Zuckerindustrie führte. Santa Lemusa war von diesen Entwicklungen nur indirekt betroffen. Trotzdem soll Frankreich 1866 (oder je nach Quelle auch erst 1886) mit der Insel einen Vertrag abgeschlossen haben, der als eine Art Versuch zu sehen ist, die Zuckerpreise zu regulieren. Mit diesem sogenannten «Traité du sucre» soll sich Santa Lemusa verpflichtet haben, keinen Zucker mehr für den Export zu produzieren - im Gegenzug dazu soll Frankreich der Insel die Unabhängigkeit zugesichert haben. Dieses Dokument ist leider verschollen - und also lässt sich heut nicht mehr überprüfen, ob sich in den Papieren tatsächlich eine solche politische Klausel fand. Vielleicht war der «Traité du sucre» aber auch nicht mehr als ein gewöhnlicher Handelsvertrag. Noch im 19. Jahrhundert soll es auf Santa Lemusa drei Zuckerfabriken gegeben haben - heute existiert nur noch eine einzige: Dekolaj – Sikri épi Distilri.

First Publication: 1-2007

Modifications: 11-2-2009, 12-10-2011