D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Doc Pani bei einem rituellen Tanz auf der Älggi Alp. (Bild Franziska Altermatt)

Der Gott der atlantischen Dünung

Khong ist ein Gott, der in verschiedenen Ausformungen und unter wechselnden Namen in diversen Religionen der Karibik und des westlichen Afrikas eine wichtige Rolle spielt. Gemäss der Tradition der Khongui, wie sich die Anhänger Khongs in der östlichen Karibik nennen, ist Khong der Gott, der die grosse atlantische Dünung antreibt. Wer Khong folgt, wer ihm regelmässig Opfer bringt, dem sind Gesundheit, Fruchtbarkeit, Glück und Schönheit sicher. – Khong wohnt auf einer Insel mitten im Atlantik. Diese Insel hat noch nie ein Sterblicher gesehen: Da Khong über die Wellen herrscht, lässt er alle Schiffe in einiger Distanz an der Insel vorbei treiben. Khong ist zwar ein Gott der Fruchtbarkeit – er selbst aber hat keine Kinder im eigentlichen Sinne. Seine Begierde nämlich ist so heiss, dass sie alle seine Geliebten verbrennt. Mit einer einzigen Ausnahme: Iamai.

Die Nymphe aus dem Polareis

Iamai ist eine Halbgöttin, eine Art Nymphe, die wegen einer alten Rivalität zwischen ihrem Vater und Hale, der Göttin des gleichnamigen Windes, die meiste Zeit im Polareis eingefroren ist. Dort singt sie sehnsüchtige Lieder, die den Geist der Seefahrer in einer gefährlichen Art und Weise verwirren - auch die Titanic soll an ihrem Eis block zerschollen sein. Nur ein Mal alle 66 Jahre taut das Eis um Iamai soweit auf, dass sie aus ihrem Gefängnis entweichen kann. – Dann beginnt Zohua, die grosse Jagd, wie die Khongui es nennen. Kaum haben die Wellen Khong mitgeteilt, dass Iamai ihrem Eisblock entstiegen sei, wird er von einer fürchterlichen Erregung gepackt. Er breitet seine Flügel aus und fliegt nach Norden – gefolgt von einer riesigen Flutwelle, die mit jedem Schlag seines Gefieders stärker schäumt. Lange bevor Khong am Horizont auftaucht, spürt Iamai schon den heissen Atem seiner Begierde. Sie weiss, dass er das Eis um sie herum für immer schmelzen lassen könnte. Doch kaum sieht sie Khong, bricht sie in Panik aus - zu wild ist sein Begehren. Im letzten Moment fliegt sie davon.

Auf immer verbunden

Khong kracht mit Wucht gegen den Eisblock, auf dem eben noch Iamai stand und wird von der eigenen Flutwelle überrollt. Er befreit sich aus der Gischt, die ihn umtost und schickt die Wellen nach Hause. Dann nimmt er die Verfolgung auf: Kreuz und quer über Kontinente und Ozeane hinweg geht die Jagd, bei Tag und bei Nacht. – Nach einer Woche beginnen die Kräfte von Iamai allmählich zu erlahmen. Khong kommt näher und näher, seine Erregung erreicht ein Maximum. Schon glaubt er sich am Ziel, schon ist er mit jeder Faser seines Körpers bereit. Doch da schickt Hale eine Eiswolke vorbei, die Iamai umschliesst und, für Khong unerreichbar, zu ihrem Eisfelsen zurück führt. – Etwas von Khongs göttlichem Samen aber tropft auf die Erde und gräbt sich heiss in ihre Tiefen. Dort, im Schoss von Mutter Erde, wächst alsdann im Verlauf vieler Jahre ein kleines Wesen heran: Mong hat die glühenden Augen seines Vaters und in ihm regiert das gleiche Begehren – allein Mongs Körper ist mit der Mutter Erde auf immer fest verwachsen.

 

Doc Pani bläst sein Muschelhorn. (Bild Franziska Altermatt)

First Publication: 7-2005 (vormals PJ091)

Modifications: 25-3-2011, 4-11-2011