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Port-Louis, Rue de Prague

Szene 2

Als Maille am nächsten Morgen in die Rue de Prague einbog, an deren Ende das Hauptquartier des Deuxième Bureau lag, ging einer jener Regengüsse über der Hauptstadt nieder, die innert Sekunden aus Strassen kleine Kanäle machen und aus Autos spritzende Geschosse. Früher war der Mai ein eher trockener Monat gewesen. In letzter Zeit aber kam es immer öfter vor, dass mitten am schönsten Frühlingstag plötzlich riesige Wolkentürme am Himmel standen – als kämen sie aus dem Nichts.

Die Büros des Geheimdienstes lagen in einem Gebäude, über dessen Fassade sich lauter leicht diagonal verlaufende Scheingesimse zogen – so, dass das Auge unmöglich erkennen konnte, wo die einzelnen Etagen begannen. Die Aussenmauer war ausserdem leicht nach Innen gekrümmt – was von der Strasse aus wirkte, als ziehe sich das Haus mit jedem Schritt, den man darauf zuging, ein klein wenig zurück.

Natürlich war der Aufzug ausser Betrieb. Während sich Maille die Treppe hinauf mühte, spürte er wie sich seine klatschnasse Hose enger und enger an die Beine legte. Der Nacken tat ihm weh, seine Ohren glühten und surrten wie kleine Kraftwerke, die Hände fühlten sich unangenehm trocken an. So war das meistens, wenn er dieses Gebäude betrat. Wenigstens konnte er heute der Versuchung widerstehen, seine Finger feucht zu lecken. Trotzdem wäre er lieber anderswo gewesen – zum Beispiel in Murcia, wo es so gut wie gar nie regnete.