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Das Restaurant «Nhundiaquara» liegt im Zentrum von Morretes und gilt als eine der bewährten Adressen in Sachen Barreado. Das Lokal ist nach dem Fluss benannt, der durch das Dörfchen fliesst.

Barreado

Langsam mit Gewürzen gegartes Rindfleisch – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 111028 Morretes Ponte Velha

Wer Morretes im Osten des Brasilianischen Bundesstaates Paraná besucht, kommt nicht umhin, der lokalen Spezialität zu begegnen: Barreado. Ja im Grunde ist Barreado wohl die wichtigste touristische Attraktion des kleinen Dorfes, das friedlich am Rio Nhundiaquara liegt: Alle Restaurants bieten es an, Souvenir-Shops verkaufen Barreado-Töpfe und auf der Touristen-Information wird dem Fremden als erstes eine Art Barreado-Manifest in die Hand gedrückt. Die ausführlichsten Informationen zu dem Gericht finden sich in einem Artikel von Carlos Roberto Antunes dos Santos: «Flavors from Paraná. Let the party begin: Barreado, a skilled art of the cuisine from Paraná». In: «Flavors from Brazil», No. 13 der Zeitschrift «Texts from Brazil», herausgegeben vom Ministério das Relações Exteriores in Brasília, o. J. S. 113-117 (Artikel als PDF). Laut Santos gilt Barreado als das einzige typische Gericht des Bundesstaates Paraná. Das Rezept soll aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen. Für Barreado wird Rindfleisch zusammen mit Gewürzen etwa 12 Stunden lang in einem tönernen Topf gekocht, der mit einem Teig aus Maniok-Mehl hermetisch versiegelt ist. Der Name des Gerichts leitet sich von dem Ausdruck barrear a panela ab, was etwa «den Topf versiegeln» heisst. Oft heisst es, beim ursprünglichen Barreado sei ein Tontopf versiegelt und in einem Loch vergraben worden. Dann habe man grüne Blätter darauf gelegt und ein Feuer darüber entzündet, das abbrannte und allmählich auskühlte. Diese Technik heisst laut Santos «biaribi» oder «biaribu» und soll seit Ende des 18. Jahrhunderts sowohl von den eingeborenen Indianern wie den Afrikanern verwendet worden sein. Einmal gekocht, wird das Fleisch bei Tisch in Streifen gerissen. Natürlich gibt es Varianten, die mal mehr und mal weniger Gewürze beigeben, mal Tomaten hinzufügen, mal mit und mal ohne Wasser kochen etc.

Das Ambiente und die Frage des Topfes

Das wichtigste beim Barreado ist, dass das Fleisch in einem hermetisch verschlossenen Ambiente bei niedriger Hitze sehr lange (hauptsächlich) im eigenen Saft schmort. Bei der traditionellen (und im Grunde natürlich einzig wahren) Zubereitung von Barreado wird dieses Ambiente wie erwähnt dadurch hergestellt, dass man einen speziellen Tontopf mit einem Teig verschliesst. Moderne Rezepte nehmen stattdessen oft einen Dampfkochtopf, der sich ja ebenfalls sehr dicht verschliessen lässt. Das hat unserer Meinung nach den Nachteil, dass man die Hitze auf dem Herd nicht besonders gut kontrollieren kann – und für den Ofen eignet sich ein solcher Topf in der Regel nicht (Gummiring, Plastikteile etc.). Wir haben uns also entschieden, Barreado in einem schweren, gusseisernen Topf zu kochen. Wichtig ist dabei, dass der Topf gut schliesst und der Deckel so beschaffen ist, dass das Kondenswasser zurück tropfen kann (mehr dazu). Verfügt man über einen solchen Topf, dann kann man sich auch das Versiegeln mit Teig sparen – ja ein Teig wäre sogar kontraproduktiv, kann er doch brechen und ein Loch hinterlassen, durch das die Flüssigkeit unbemerkt verdampft. Verfügt man über keinen Topf, auf dessen Verschlusskraft man zählen kann, sollte man wohl eher die Finger von diesem Rezept lassen.

Abnehmende Hitze

Bevor wir das Barreado für viele Stunden in den Ofen schieben, braten wir die Zutaten leicht an. Das erlaubt es uns, die Ingredienzien besser zu vermischen. Wir kochen das Barreado mit einer fortlaufen abnehmenden Hitze. Damit imitieren wir den ursprünglichen Herstellungsvorgang unter einem Feuer, dessen Glut immer weniger wird. Wir haben es so angelegt, dass das Bareado in etwa neun Stunden tischfertig ist. Das entspricht zwar nicht ganz den 12 oder gar 24 Stunden, von denen im Zusammenhang mit Barreado oft die Rede ist. Allerdings bereiten wir auch nicht 5 oder 10 Kilo Fleisch zu, sondern ein deutlich kleinere Menge.

Unser Barreado ist butterzart, dunkel-würzig, leicht rauchig mit fast ätherischen Noten. Nicht alle Stücke sind gleichermassen feucht – aber trocken werden sie auf keinen Fall. Traditionell wird Barreado mit Reis, Bananenscheiben, geröstetem Maniok-Mehl (Farofa) und frischem, fein gehacktem Chili oder einer Chilisauce serviert. Die Farofa ist unserer Meinung nach überflüssig, die klebrige Süsse reifer Banane aber ist eine feierliche Ergänzung.

Zutaten (für 4 Personen)

1 kg mageres Rindfleisch, am Stück (da das Fleisch zum Schluss in Streifen gerissen wird, nehmen wir mageres Siedfleisch, also Federstück oder Tafelspitz, das beim Kochen ja fasrig wird)

100 g Speckscheiben, in 2 cm lange Stücke geschnitten

2 Zwiebeln, fein gehackt

Frühlingszwiebeln (oder etwa 6 asiatische Zwiebeln, ca. 100 g), die grünen Teile in feinen Ringen, die weissen Teile gehackt

4 bis 6 Zehen Knoblauch, gepresst

4 EL Petersilie, fein gehackt

4 EL frischer Oregano, fein gehackt

2 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

1 knapper TL frisch geriebene Muskatnuss

1 TL Kreuzkümmel, leicht zerstossen

3 Lorbeerblätter

2 TL Salz

4 Tomaten (ca. 400 g), kurz mit kochendem Wasser überbrüht, abgezogen und fein gehackt

2 EL Tomatenpüree, in 2 dl warmem Wasser aufgelöst

4 EL Weinessig

Zubereitung

  1. Das Fleisch von jeglichem Fett befreien und nach Möglichkeit in grosse, längliche Stücke von etwa 10 x 5 cm zerschneiden (ergibt etwa 6 Stück). Darauf achten, dass die Faser des Fleisches in Längsrichtung verläuft (das Fleisch soll ja zum Schluss in Streifen gerissen werden).
  2. Ofen auf 140º vorheizen – zur genauen Kontrolle der Temperatur empfehlen wir die Verwendung eines Ofenthermometers.
  3. Auf dem Herd einen schweren Topf erwärmen und die Speckstücke darin etwas auslassen. Fleisch beigeben und allseits leicht bräunen.
  4. Zwiebeln, Frühlingszwiebeln sowie Knoblauch unterheben und leicht anziehen lassen.
  5. Alle Kräuter und Gewürze (also Petersilie, Oregano, Pfeffer, Muskatnuss, Kreuzkümmel und Lorbeerblätter) zusammen mit dem Salz untermischen.
  6. Tomaten, das in Wasser aufgelöste Tomatenpüree und Essig beigeben. Kurz aufkochen lassen und dabei gut vermischen. Verirrte Stücken von der Rändern in die Masse hinein schieben bis alles ordentlich aussieht. Deckel aufsetzen und den Topf in den Ofen stellen. 1 Stunde lang bei 140º kochen. Hitze auf 120º reduzieren und 5 Stunden weiterkochen. Hitze auf 80º bis 90º reduzieren und nochmals 2 Stunden kochen. Ofen stoppen und 1 Stunde in dem warmen Ofen nachziehen lassen.
  7. Das Fleisch beim Anrichten auf dem Teller mit einer Gabel in Streifen reissen und dann Sauce darüber geben.

Der eigentliche Kochvorgang findet hauptsächlich während der ersten sechs Stunden statt und die Rinderstücke sind nach Ablauf dieser Zeit bereits butterzart. Die letzten drei bis vier Stunden braucht es, damit die Gewürze noch stärker in das Fleisch einziehen können. Einen ähnlichen Effekt erzielt man wenn man das Gericht zum Beispiel am Vortag zubereitet und dann kurz vor dem Essen nochmals sanft erwärmt. Dementsprechend lassen sich Barreado-Reste natürlich auch gut wieder aufwärmen.

Die Zutaten für unser Barreado.
Das Barreado zu Beginn der Kochzeit - unmittelbar vor dem Ofengang).
Nach sechs Stunden Kochzeit ist das Fleisch bereits butterzart.
Zum Schluss lässt sich das Fleisch mit einer Gabel auffasern.
Traditionell wird Barreado mit Reis, Bananen, Chili und Farofa serviert: Testessen vom 5. Februar 2012.
Hier das Barreado-Rezept, das uns auf der Touristen-Information in die Hände gedrückt wurde – zusammen mit einigen Erklärungen zum Thema. Im Unterschied zu unserem Barreado kommt dieses Rezept ohne Tomaten aus.

First Publication: 6-2-2012

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