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Nach starkem Schneefall kam es im Wallis früher öfter vor, dass man einige Tage lang auf die hauseigenen Vorräte angewiesen war: eine Hütte auf der Bettmeralp, im Hintergrund das Matterhorn.

Chollera

Pastete mit Apfel, Kartoffel, Zwiebel und Käse – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 110709 Bettmerhorn

Laut Legende soll sich die Erfindung dieses Gerichts einem besonders strengen Winter verdanken als ein Dorf im Goms, einem Walliser Talabschnitt nordöstlich von Brig, mehrere Tage eingeschneit und von der Aussenwelt abgeschnitten war. Eine Hausfrau soll die Dinge, die sie in dieser Notlage noch in ihrer Vorratskammer fand, mit Geschick kombiniert und dabei die Chollera erfunden haben. Das Gericht soll im 18. Jahrhundert etwa gleichzeitig mit den Kartoffeln populär geworden sein.

Der Name Chollera bringt das Rezept in Verbindung mit der gleichnamigen Seuche. Es kann sein, dass das Gericht seinen Namen während der Cholera-Epidemien erhielt, die in den Jahren 1830 bis 1837 in Europa wüteten und auch die Schweiz betrafen. Um ihre Häuser nicht verlassen zu müssen, sollen die Leute damals alle möglichen Reste in ihre Pasteten gepackt haben. Gut möglich auch, dass die Behörden zwecks Eindämmung der Seuche den Handel mit Waren zeitweise verboten – und man also auf die eigenen Reserven angewiesen war. So wie so dürfte die Pastete als eine Resten-Pastete entstanden sein und wurde ursprünglich wohl in sehr verschiedenen Versionen hergestellt.

Die Chollera ist eine ebenso saftige wie deftige Torte. Der Teigmantel ist buttrig und knusprig, das Innere feucht, leicht käsig, mit einem süsslich-säuerlichen Aroma, das auch stark von der im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts sehr populären Muskatnuss geprägt ist. Wir haben ein Originalrezept, das wir auf der Seite der Walliser Landwirtschaftskammer (www.valais-terroir.ch) fanden, ein wenig leichter gemacht und stellen hier gewissermassen eine Version für Städter vor, die nicht den ganzen Tag am Skilift in der Kälte stehen. Die originalen Mengenangaben setzen wir in eckigen Klammer dazu.

Zutaten (für 4 Personen)

100 g Butter [150 g im Original]

300 g Mehl

1 TL Salz

300 g Kartoffeln (eher eine festkochende Sorte)

300 g Zwiebeln

nochmals 1 EL Butter

2 bis 3 Äpfel (ca 300 bis 400 g, eher eine säuerliche Sorte)

150 g Walliser Bergkäse, zum Beispiel Gomser Bergkäse [300 g im Original]

Mehl zum Bestäuben der Arbeitsfläche

1 TL Muskatnuss, gerieben

2 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

nochmals eine gute Prise Salz

1 Eigelb

Für diese Chollera braucht es eine rechteckige Ofenform von etwa 23 x 23 cm mit einem etwa 3 bis 4 cm hohen Rand.

Zubereitung

  1. Die Butter kalt in Stücke schneiden und in einer Schüssel geben. Mehl und Salz darüber geben und alles zu einer krümeligen ‹Masse› zerreiben. 1dl Wasser zugiessen und die Krümel zu einem Teig zusammendrücken. Wenn nötig ein paar zusätzliche Tropfen Wasser zugeben. Nicht kneten. Teig zu einem rechteckigen Klotz formen und 20 Minuten kühl stellen.
  2. Kartoffeln in der Schale kochen (so, dass sie noch gut die Form halten), schälen und in Scheiben schneiden.
  3. Zwiebeln schälen, halbieren, in feine Scheiben schneiden und in 1 EL Butter weich dünsten.
  4. Äpfel schälen, entkernen und in feine Scheiben schneiden.
  5. Käse in feine Scheiben schneiden.
  6. Etwa ⅔ des Teiges auf einer mit Mehl bestäubten Fläche ca. 3 bis 4 mm dick auswallen (ausrollen), so dass er ein gutes Stücke grösser ist als die Form. Die Form damit so auslegen, dass der Teig leicht bis über die Ränder steht (oder auch etwas nach Aussen hängt). Teigboden mit einer Gabel einstechen und 5 Minuten kühl stellen.
  7. Zwiebeln, Kartoffeln, Äpfel und Käse in Lagen auf den Teig geben. Jede Lage mit etwas Muskat, Pfeffer und Salz bestreuen.
  8. Den restlichen Teig in der Grösse der Form auswallen und über die Füllung legen. Die Ränder des unteren und des oberen Teiges gut zusammendrücken und ev. überschüssigen Teig wegschneiden.
    Viele Rezepte empfehlen, den Rand des unteren Teigs über die Füllung zu schlagen, mit etwas Eigelb zu bepinseln und dann den oberen Teig aufzulegen. Das führt indes dazu, dass der Teigdeckel an einzelnen Stellen sehr dick wird. Es entspricht jedoch vermutlich auch einer bäurisch-haushälterischen Logik, die keinerlei ‹Abfälle› duldet.
  9. Teigdeckel mit Eigelb bestreichen, mehrmals einstechen. Chollera auf der untersten Rille des auf 200º vorgeheizten Ofens ca. 35 bis 40 Minuten backen. Mit einem Löffel Portionen abstechen und sofort warm essen.

Chollera-Reste lassen sich übrigens auch nach einer Nacht im Kühlschrank wieder ziemlich gut aufwärmen. Die Aromen verstärken sich dadurch sogar, nur der Teig ist dann natürlich nicht mehr ganz so knackig.

Prachtvolles Stück: Chollera, frisch aus dem Ofen.
Saftiges Innenleben: Chollera wird nicht wie eine Torte geschnitten, sondern mit dem Löffel portioniert. (Februar 2012)

First Publication: 20-2-2012

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