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Dunkel, überfüllt, lärmig – aber mit guter Küche: die «Lure Fishbar» in Soho. (März 2012)

Clam Chowder (New England)

Cremige Suppe mit Muscheln, Bacon und Kartoffeln – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 120303 New York Chinatown

Es gibt nur wenige Rezepte, die als «typisch amerikanisch» gelten und für sich beanspruchen können, ihre Ursprünge in den Küchen der ersten Siedler zu haben: Clam Chowder ist so ein Rezept. Nur was ist Clam Chowder? Ist es die sämige weisse Suppe aus Muscheln, Bacon, Kartoffeln und Zwiebeln, die mit Milch oder Rahm verfeinert wird und als New England Clam Chowder auf den Tisch kommt. Oder ist es die Tomaten-Gemüse-Suppe mit Thymian und Muschelstückchen, die als Manhattan Clam Chowder serviert wird und von den Portugiesen oder den Italienern erfunden worden sein soll? Oder aber die klare Brühe mit Muscheln, Kartoffeln und Bacon, die einem als Rhode Island Clam Chowder vorgesetzt wird. Oder die butterige Version aus Delaware? Oder die mit Mehl angedickte Suppe, die nach dem Cape Hatteras benannt ist?

Eine Clam Chowder kann vieles sein – auch wenn man sich auf das Gebiet der nordöstlichen USA (oder der südlichen Ostküste Kanadas) beschränkt, wo diese Chowders jedenfalls ihren Ursprung haben. Gemeinsam ist allen Versionen eigentlich nur die Verwendung von Quahog (hard clam, Mercenaria mercenaria) – einer vor der Ostküste Nordamerikas (von der Prince Edward Island bis über Florda hinaus) verbreiteten Muschel, die gelegentlich auch chowder clam genannt wird. Wobei alle Chowders heute auch mit andern Muscheln zubereitet werden – kann clam in den USA doch so gut wie alle Vertreter der grossen Klasse der zweiteiligen Muscheln (Bivalvia) meinen.

Das Wort chowder übrigens soll laut Alan Davidson («Oxford Companion to Food», S.183) vom französischen chaudière abstammen – der Bezeichnung für die stählernen Kochtöpfe, mit denen die ersten Siedler an der kanadischen Küste landeten. Davidson beschreibt die Erfindung der Clam Chowder wie folgt: «When they [the French settlers] encountered the Canadian Micmac Indians they found that the latter had a great appetite for their native clams but were having to cook them with hot stones placed in water in a hollowed-out piece of tree trunk. It has been suggested that a natural marriage took place between the clams which the Indians had and the pots which the settlers brought». Davidson meint, dieser Prozess habe an verschiedenen Orten gleichzeitig stattgefunden und es sei folglich unmöglich zu sagen, wo genau die erste Clam Chowder gekocht wurde.

Auch laut Doré Ogrizek («Le Monde à Table», S. 438) waren Chowders ursprünglich «plats de communauté, auxquels chacun apportait un élément et dont tous retiraient une part.»

Rezepte für Clam Chowder gibt es wie Quahogs im Meer – auch für New England Clam Chowder. Gemeinsam ist ihnen die Verwendung von Muscheln, Bacon, Zwiebeln, Kartoffeln und Rahm oder Milch. Als Würze kommen immer Pfeffer und Salz, oft Thymian, gelegentlich Lorbeer und als Dekoration Paprika oder Schnittlauch vor. Wir haben uns bei unserem Rezept an der New England Clam Chowder orientiert, die uns in der «Lure Fishbar» (142 Mercer Street, Ecke Prince Street in Soho) serviert wurde.

Die «Lure Fishbar» ist ein etwas lärmiger und dunkler Ort, wo man an einem Samstag wenigstens eine Stunde auf einen Tisch warten und dabei 20 $ für ein simples Glas Weisswein hinblättern muss. Das Lokal allerdings servierte uns nebst der Chowder auch ein paar wunderbare Austern und eine lauwarme Sushirolle mit knuspriger Lachshaut und einem knackigen Gemüsekern. Die Chowder ist herzhaft und hat ein leicht rauchiges Aroma, das vom geräucherten Speck oder Bacon herrührt. Im Unterschied zur «Lure Fishbar» ist unsere Suppe etwas weniger cremig, dafür geben wir ein bisschen mehr Muscheln hinein. Nach Muscheln schleckt sie trotzdem kaum – doch ist dies wohl auch nicht das Ziel des Rezepts. Da Quahogs in Europa nicht zu bekommen sind, verwenden wir die etwa vergleichbar grossen Venusmuscheln.

Zutaten (für 2 Personen)

400 g Venusmuscheln

100 g geräucherter Speck, in feinen Streifen

1 Zwiebel, möglichst fein gehackt

200 g Kartoffeln (eher fest kochende Sorte), geschält in kleinen Würfeln

3 EL Mehl

1 kleiner Zweig Thymian

1 Lorbeer-Blatt

2 TL Salz

2 EL halbfette Sahne (ca. 15%)

1 TL schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen

1 bis 2 EL Schnittlauch

Zubereitung

  1. Die Venusmuscheln unter fliessendem Wasser abbrausen, dabei sorgfältig untersuchen und geöffnete oder verletzte Exemplare entsorgen.
    In der Regel werden die Muscheln bei uns geklärt verkauft, das heisst von allfälligem Sand befreit. Selbst gesuchte (oder ungeklärte) Muscheln sollte man indes zuerst einige Stunden lang in ausreichend gesalzenem Wasser an einem kühlen Ort stehen lassen.
  2. Eine Stahlpfanne (ohne Beschichtung) erhitzen und die Muscheln sorgfältig hineingeben, Deckel aufsetzen. Nach etwa 3 bis 5 Minuten sollten die meisten Muscheln offen sein (wenn sie sich öffnen macht dies ein kleines Plop-Geräusch). Am Boden des Topfes schwimmt jetzt das Wasser aus den Muscheln. Topf vom Herd nehmen, alle geöffneten Muscheln aus dem Sud heben und beiseite stellen. Die ungeöffneten Muscheln entsorgen. Das Muschelwasser durch ein feinmaschiges (ev. auch mit Küchenpapier ausgelegtes) Sieb giessen und beiseite stellen. Die Muscheln aus den Schalen lösen und beiseite stellen.
    Manchmal wollen sich die Muscheln gar nicht so leicht öffnen – jedenfalls nicht alle zur gleichen Zeit. Sollte es nach 5 Minuten noch allzu viele geschlossene Muscheln in der Pfanne haben, kann man mit diesen einen zweiten Durchgang starten. Man sollte indes auf jeden Fall die geöffneten Muscheln und deren Saft bereits aus der Pfanne nehmen – die kleinen Tiere werden sehr schnell trocken. Je nach Verhalten der Muscheln ist es besser, man hebt sie einzeln aus der Pfanne – sobald sie sich geöffnet haben.
  3. Eine Stahlpfanne erwärmen und den Speck darin braten bis er sehr knusprig (dunkelbraun) ist und sich auf dem Boden der Pfanne ein Ölfilm gebildet hat. Den Speck aus der Pfanne heben. Die Zwiebeln beigeben und dünsten bis sie glasig sind. Die Kartoffelstücke beigeben, mit Mehl bestäuben, kurz umrühren und mit 5 bis 6 dl Wasser ablöschen. Gut rühren damit sich das Mehl vollständig auflöst. Muschelsaft, Thymian, Lorbeer und Salz beigeben. Aufkochen lassen, Hitze reduzieren und ca. 15 Minuten sanft köcheln lassen bis die Kartoffelstücke gar sind. Dabei immer wieder umrühren.
    Ev. ist besser, den Speck und die Zwiebeln erst in einer Bratpfanne zu rösten und den Inhalt dann in eine gewöhnliche Pfanne zu transferieren.
  4. Thymian und Lorbeer entfernen. Rahm einrühren, Pfeffer beigeben und ev. nochmals mit Salz abschmecken. Kurz durchziehen lassen. Muscheln und Speck einrühren, sofort servieren und im Teller mit etwas Schnittlauch bestreuen.

Das Mehl verleiht der Suppe eine cremige Konsistenz. Die 2 EL Sahne braucht es eigentlich vor allem weil sie die leicht gelbliche Suppe etwas aufhellen. Natürlich kann man nach Belieben auch mehr Sahne beigeben. Manche Rezepte kochen die Chowder auch mit Milch.

Herzhaft und leicht rauchig: die New England Clam Chowder, wie sie im «Lure» serviert wird. (März 2012)
Ein Teller mit sogenannter Manhattan Clam Chowder, wie sie das Restaurant «Aquagrill» an der Spring Street in Soho serviert. (März 2012)
Unser Rezept ergibt eine herzhafte und cremige Suppe mit einem leicht rauchigen Aroma und einer reichhaltigen Muscheleinlage. (Zürich, März 2012)

First Publication: 7-3-2012

Modifications: 13-3-2012