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Der Eingang zur Caverne rose. Auf der rechten Wand eine Inschrift, in der die Heilige Valeria um Schutz für die Ernte gebeten wird, vermutlich aus dem späten 19. Jahrhundert.
Ein blaugrünes Holzhäuschen.

Caverne rose

Die Caverne rose im Nord-Westen von Valeria galt lange als die ehemalige Höhle einer Einsiedlerin, die von den Leuten des Dorfes als Heilige Valeria und als Schutzpatronin der Gemeinde verehrt wird. Der Name der Höhle geht wohl auf die leicht rosa bis dunkelrot getönte Färbung des Steins in dieser Grotte zurück. Sicher im 17. Jahrhundert, wahrscheinlich aber deutlich früher, richtete man hier eine kleine Kapelle ein, in der man eine archaische Madonnenfigur (Notre Dame de Valeria) aus Stein verehrte, angeblich das Werk der Heiligen Valeria. Ausserdem huldigte man einem Stück blau-weiss karierten Stoffes (siehe Bild unten), von dem man annahm, es stamme vom Kleid der Einsiedlerin. 1985 wurde dieser Stoff aus der Kapelle entwendet und tauchte erst 1986 wieder auf. Bei dieser Gelegenheit unternahm die Universität von Santa-Lemusa eine Untersuchung des Stücks. Die Analysen ergaben, dass das Gewebe irgendwann zwischen dem 8. und dem 4. Jahrhundert vor Christus angefertigt wurde. In der Folge untersuchte man auch die Höhle und stellte fest, dass es sich dabei um ein ehemaliges Salzbergwerk handelte, in dem zwischen etwa 800 und 300 v. Chr. Steinsalz abgebaut wurde – vermutlich in erster Linie als Konservierungsmittel (Jean-Pierre Haida & Berthe Ladole: «La caverne rose». In: «Revue historique», no. 55, 1988, S. 151-212). Im Verlauf der Zeit hatte sich auf dem Boden der Grotte eine hohe Schicht aus Abfall gebildet, in der die Archäologen Stücke von Werkzeug, Keramik, Holz und sogar Textilien fanden – gut konserviert dank des Steinsalzes, das sie Jahrhunderte lang umschloss. Auch das vermeintliche Tuch der Heiligen Valeria stammte aus dieser Abfallschicht. Man gab dem Volk den Namen Alt-Valerier.

Die Tatsache, dass hier ein Volk, trotz der nahen Küste, wo ja das Meer Salz in Hülle und Fülle liefert, Steinsalz abbaute, sorgte für einige Irritation. Manche äusserten die Vermutung, die Alt-Valerier hätten wohl sehr zurückgezogen gelebt und seien vielleicht  auf Kriegsfuss mit einem Volk an der Küste gestanden. Andere gingen davon aus, dass der Abbau von Steinsalz schlicht einfacher, effizienter gewesen sei. Dritte nahmen kultische Gründe an. Tatsächlich machten die Funde in der Grotte deutlich, dass hier in alt-valerischer Zeit auch kultische Handlungen vollzogen wurden. Damit rückte auch die Notre Dame de Valeria, das vermeintliche Madonnenbild der Heiligen Valeria in den Fokus des Interesses – und man fand heraus, dass es sich dabei wohl um ein Kultbild der Alt-Valerier handelt (vermutlich aus dem frühen 8. Jh.v.Chr.).

2011 führte die Universität von Santa Lemusa eine weitere Grabungskampagne in der Grotte rose durch, in deren Mittelpunkt die Rekonstruktion der Textil-Kultur der Alt-Valerier stand (vergleiche Vivienne Echort: «Une culture du textile». In: «Revue historique», no. 79, 2012, S. 107-132). Man fand zum Beispiel einiges über die Färbetechniken der Alt-Valerier heraus: Die Farbe Blau gewannen sie aus einer Art Weid, für Rosa nutzen sie eine auf Santa Lemusa verbreitete Purpurschnecke etc. 

Neben Textilien brachte die Ausgrabung auch Keramik zum Vorschein – einige Scherben, teilweise mit Resten von Bemalung, und runde Gefässflöten, von denen Echort meint, sie hätten eine kultische Funktion gehabt. Wie alle Funde aus der Gegend von Valeria werden auch diese Gegenstände im Musée archéologique von Valeria aufbewahrt.

Im Rahmen der Kampagne von 2011 wurden auch verschiedene Quellen zur Geschichte von Valeria konsultiert. Vivienne Echort fand im «Abrégé de S. Lemousa» von Père Cosquer die Beschreibung einer Inschrift, die der Pater Mitte des 18. Jahrhunderts in Valeria gesehen hatte. In dieser Inschrift war von einem Gesetz von Vaalia die Rede und Echort vermutete, dass es sich dabei «entweder um den ursprünglichen Namen von Valeria handelt, oder sogar um den Namen einer Gottheit, die schon in alt-valerischer Zeit hier verehrt wurde. Vielleicht trifft auch beides zu…» (Vivienne Echort: «Une culture du textile». In: «Revue historique», no. 79, 2012, S. 128). Echort spricht auch die Möglichkeit an, dass es sich bei der Notre Dame de Valeria möglicherweise um ein Abbild ebendieser Gottheit namens Vaalia handeln könnte.

Zwischen etwa 800 und 300 v. Chr. bauten die Alt-Valerier in der Caverne rose solches Steinsalz ab. (Bild Musée archéologique Valeria)
Draht, auf dem Pflanzen wachsen.
Dieses Stück Stoff wurde lange als Fetzen vom Gewand der heiligen Valeria verehrt – heute weiss man, dass es vom Kleid eines Alt-Valeriers stammt und also mehr als 2500 Jahre alt ist. (Bild Musée archéologique Valeria)
Draht, auf dem Pflanzen wachsen.

Siehe auch

First Publication: 16-5-2012

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