Ketchup mit Kreuzkümmel (integrative Version)
Es irrt, wer Ketchup für eine amerikanische Erfindung hält. Auf Santa Lemusa jedenfalls werden «Kajup» (sprich: Katschup) genannte Saucen mindestens seit Mitte des 17. Jahrhunderts hergestellt, wie der Fund eines Kochbuchs von 1651 beweist, in dem sich sogar ein Rezept für Ketchup findet (siehe La Nerva: «Le Cuisinier»). Anne Le Chanu («Armoire aux herbes», 289ff.) hatte schon 1966 vermutet, dass die amerikanische und internationale Bezeichnung Ketchup ihren Ursprung wohl im Kajup der Lemusen hat.
Tatsächlich kennt auf Santa Lemusa fast jede Gemeinde ihr eigenes Kajup-Rezept – was dafür spricht, dass solche Saucen schon sehr lange eine wichtige Rolle in den Küchen des Landes spielen müssen. Ob Santa Lemusa deshalb als Ort der Erfindung von Ketchup gelten kann, sei dahingestellt, zumal sich die lokalen Rezepte doch stark von den heute überall angebotenen Saucen unterscheiden. Auf jeden Fall dürfte der Name mit einiger Sicherheit von Santa Lemusa aus in die Welt hinaus gewandert sein.
Aus Gründen, die uns nicht bekannt sind, gilt das Kajup von Sentores als die beste Sauce der Insel und wird schon von Jean-Marie Tromontis in den höchsten Tönen gelobt («Chant des vents», S. 61). Der Herausgeber Gérôme Doussait vermutet in einer Fussnote, dass früher die Tomaten aus Sentores besonders gut gewesen sein könnten – heute indes haben die Paradeiser von Sentores zwar keinen schlechten, aber auch keinen besonderen guten Ruf.
Wir haben unser Rezept von Celine Charpentier bekommen, die es nach eigenen Angaben in einem handgeschriebenen Rezept-Buch gefunden hat, das Lili Bourbon, wie viele andere Dinge auch, im Haus zurückgelassen habe. Charpentier vermutet aufgrund der etwas altmodischen Shrift, dass das Buch wohl von Lili's Mutter oder Grossmutter stammen könnte. Das Original-Rezept enthält keine eindeutigen Mengenangaben. Wir gehen jedoch davon aus, dass das Aroma der Sauce wesentlich vom Kreuzkümmel bestimmt wird – schliesslich waren die Bourbon's die grössten Kreuzkümmel-Bauern der Insel.
Das hier vorgestellte Kajup hat ein gemüsiges Aroma, in dem die Gewürze gut eingebunden sind. In dem Buch findet sich an anderer Stelle eine Version der Sauce, die ohne Sellerie auskommt und auch nach einem etwas anderen Verfahren hergestellt wird. Diese zweite Sauce schmeckt pikanter, Gewürze und Essig stechen mehr hervor – wir geben hier das Rezept als Alternative wieder.
Für beide Kajup-Rezepte gilt, dass sich das Aroma im Verlauf der Zeit entwickelt und man die Sauce also wenigstens 24 Stunden vor Verbrauch anfertigen sollte. In Gläsern im Kühlschrank hält sie sich dank des hohen Essiganteils relativ lange – wenigstens vier Wochen, wahrscheinlich auch mehr.
2 TL Kreuzkümmel
2 TL schwarzer Pfeffer, gemahlen
3 (oder mehr) getrocknete Chilischoten, entkernt und zerkrümelt
20 g Visabohnen (oder alternativ indische Urdbohnen, geschält und halbiert)
1 TL Annato (16 g)
400 g Tomaten, gehackt
100 g (Knollen)-Sellerie, geschält und in eher kleine Stücke gehackt
4 nicht zu kleine rote Zwiebeln (500 bis 600 g), grob gehackt
6 Zehen Knoblauch, grob gehackt
2-3 EL Rotwein-Essig
2 EL Zucker (75 g)
1 gehäufter TL Salz
First Publication: 14-9-2012
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