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Traditionell wird Ajwar als Konserve für die Wintermonate hergestellt - es schmeckt jedoch ganzjährig als Sauce zu Fleisch oder als Brotaufstrich.

Ajwar

Mus aus Gemüsepaprika und Auberginen – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 130810 Guča

Ajwar ist ein Chutney oder Mus vornehmlich aus Gemüsepaprika, das als Sauce zu gegrilltem Fleisch, als Salat, Dip oder Brotaufstrich gegessen wird. Ajwar ist vor allem auf dem Balkan sehr populär – ähnliche Zubereitungen gibt es aber auch in Ungarn (Letscho) oder der Türkei. Die Bezeichnung ajwar stammt offenbar vom türkischen Wort havyar ab, das dort gesalzenen Fischrogen bezeichnet – auch Kaviar geht auf havyar zurück. Wahrscheinlich wird Ajwar deshalb gelegentlich auch als Paprika-Kaviar oder Balkan-Kaviar bezeichnet. Ob Ajwar wirklich eine serbische Erfindung ist, wie gelegentlich behauptet wird, können wir nicht entscheiden. Die Legende will, dass echter Kaviar in den besseren Haushalten von Belgrad im 19. Jahrhundert sehr beliebt war – die Produktion aber gegen Ende des Jahrhunderts zurückging. In der Folge versah man, wohl aus Ironie, eine spezielle Paprika-Sauce von rogenartiger Konsistenz mit dem Namen Kaviar.

Ajwar wird traditionell im Spätsommer oder Frühherbst hergestellt, wenn die Paprika Hochsaison hat, und als Konserve den ganze Winter lang verzehrt. Die Zutaten für Ajwar sind Paprika und Salz, ev. ein bisschen Aubergine, je nachdem auch etwas Knoblauch, scharfer Chili und Essig. Damit die Sache nicht anbrennt, kommen ein paar Tropfen Öl dazu. Auf dem Internet findet man allerdings auch Rezepte, die Ajwar zur Hauptsache aus Aubergine herstellen oder sogar aus Tomate und Zwiebel – dabei handelt es sich aber wahrscheinlich um Verwechslungen etwa mit orientalischen Auberginensalaten wie Mutabal. Traditionell werden die Paprika über einem Holzfeuer geröstet, was dem Ajwar seinen charakteristischen Rauchgeschmack verleiht – industrielles Ajwar allerdings besteht in der Regel aus gekochter Paprika. Für den Hausgebrauch bietet es sich an, die Paprika auf dem Grill oder im Ofen zu rösten – wir schlagen hier die Ofenröstung vor. Klassisch wird der geröstete Paprika geschält, durch den Fleischwolf gedreht und dann sehr lange geköchelt. Moderne Rezepte schlagen oft nur Kochzeiten von 30 Minuten vor, was notgedrungen zu einem etwas wässrigen Resultat führt – gelegentlich wird dies durch die Zugabe von viel Öl kompensiert.

Wir haben verschiedene Rezepte konsultiert und verglichen. Am meisten geholfen hat uns das Rezept auf dem Blog Palachinka. Lehrreich war auch der Dokumentarfilm «Zu Tisch in Serbien», in dem die Familie Mitrovic unter anderem Ajwar herstellt (ausgestrahlt auf Arte am Sonntag, 28. Juli 2013).

Bei der Frage, welche Paprika für Ajwar zu verwenden seien, sind sich die Quellen zumindest darin einig, dass es sich um eine rote schwere Sorte mit einem relativ dicken Fruchtfleisch handeln soll.

Unser Ajwar duftet intensiv nach reifer Paprika. Es hat einen buttrigen, fast fleischigen Geschmack, in dem sich Röstaromen, rauchige und fruchtige Noten finden. Das Mus wirkt dunkel, kräftig, kondensiert.

Wir haben die Menge hier so berechnet, dass man die Paprika auf ein Mal im Ofen rösten kann – ev. sogar zusammen mit den Auberginen.

Röst- und Ausschwitzzeit 70 Minuten
Kochzeit 3 Stunden

Zutaten (für ca. 5 dl Mus)

3 kg rote dickfleischige Gemüsepaprika, gewaschen und abgetrocknet

500 g Aubergine

100 g frische Chilis vom Typ Peperoncino, entstielt und von den Kernen befreit

1 EL Olivenöl (oder etwas mehr)

2 TL Salz (10 g)

1 EL weisser Essig

Salz zum Abschmecken

Zubereitung

  1. Die Paprika (ev. auf einem Blech oder einem Stück Alufolie) in den auf 220° vorgeheizten Ofen schieben und 30 bis 40 Minuten rösten, gelegentlich wenden – je nach Sorte müssen die Schoten auch länger im Ofen bleiben, sie sollten am Schluss auf allen Seiten dunkelbraun und runzlig sein.
  2. Paprika aus dem Ofen nehmen, sofort in einen Plastikbeutel (Gefrierbeutel) packen und 20 bis 30 Minuten lang ausschwitzen lassen. Spitze der Paprika anstechen und Saft abliessen lassen. Haut abziehen, der Länge nach halbieren, Stielansatz und Kerne entfernen.
    Beim Transfer der Paprika in den Plastikbeutel sollte man einen Teller zu Hilfe nehmen – denn wenn die Plastikbeutel den heissen Ofen berühren, führt das zu unschönen Szenarien.
    Der Saft aus den Paprikaschoten ist aromatisch und kann zum Beispiel als Brühe für einen Risotto verwendet werden.
    Die hier beschriebenen Vorgänge stellen gewissermassen die reine Lehre dar. Tatsächlich werden einzelne der Paprikaschoten schon im Ofen aufplatzen, bei anderen wird sich die Haut nicht vollständig abziehen lassen etc. Wir verfahren einfach so gut wie möglich.
  3. Die Aubergine für 60 Minuten in den 220º warmen Ofen geben, gelegentlich wenden – die Frucht sollte schrumpelig aussehen. Etwas abkühlen lassen, halbieren und das Fruchtfleisch von der Haut schaben (oder die Haut von der Frucht ziehen). Haut und Stil entsorgen.
    Je nach Blech, Ofen und Beschaffenheit des Gemüses kann man die Paprika und die Auberginen auch gemeinsam rösten – und nimmt die Paprika einfach etwas früher aus dem Ofen.
  4. Paprika, Aubergine und Peperoncini durch den Fleischwolf drehen.
  5. Das Olivenöl in einen schweren Topf geben – es sollte den Boden bedecken. Die Paprikamasse, Essig und Salz zugeben, aufkochen lassen, Hitze reduzieren und ca. 3 Stunden ohne Deckel köcheln lassen bis kein Saft mehr aus der Masse austritt. Dabei immer wieder rühren und aufpassen, dass die Masse nicht anbrennt.
    Man kann die Konsistenz des Ajwar prüfen indem man einen Löffel davon auf einen Teller gibt und einen Moment wartet. Bildet sich eine wässrige Aureole um das Häufchen, muss das Ajwar weiter gekocht werden. Tritt nichts mehr aus, ist man am Ziel.
  6. Mit Salz abschmecken und heiss in saubere Einmachgläser füllen (siehe auch die nachfolgenden Hinweise), sofort verschliessen. Gläser abkühlen lassen und dann in den Kühlschrank stellen, wo sie sich ungeöffnet mehrere Wochen lang halten.
    Damit die Gläser beim Kontakt mit dem heissen Brei nicht zerspringen, sollten sie vorgewärmt werden. Wir stellen sie vor dem Befüllen für etwa 10 Minuten in den 120º warmen Backofen.
    Wir packen die Gläser so voll wie es geht, damit so wenig Luft wie möglich darin zurückbleibt. Beim Abkühlen bildet sich ein Vakuum, das die Sauce schützt.
    Hat man einen kühlen und dunklen Keller, kann man das Ajwar auch dort aufbewahren.
    Das Ajwar ist beim Einfüllen in die Gläser so dickflüssig, dass es wahrscheinlich keine 100º warm ist und das Pasteurisieren deshalb nur teilweise gelingt. Wer das Ajwar also längere Zeit aufbewahren will, sollte die gefüllten Gläser zusätzlich sterilisieren. In diesem Fall füllt man sie nur bis etwa 2 cm unter dem Rand.
    Man kann das Ajwar natürlich auch frisch verzehren – am besten noch lauwarm auf einem Stück gerösteten Brot.
    Wer das Ajwar innerhalb von ein paar Tagen konsumieren will, braucht es nicht in Gläser zu füllen – eine Schüssel mit Deckel oder ein simpler Plastikbehälter reichen dann aus, selbstverständlich im Kühlschrank versorgt.

Wenn man den rauchigen Geschmack des Ajwar verstärken will, kann man geräuchertes Salz verwenden.

In der serbischen Landwirtschaft spielt Paprika eine zentrale Rolle - hier ein grosses Feld bei Kraljewo. (August 2013)
Auf dem Zeleni Venac Markt im Zentrum von Belgrad werden Paprika aller Art verkauft. (August 2013)
Für die Herstellung von Ajwar braucht es rote, dickfleischige Gemüsepaprika.
Urnebes (eine Mischung aus Paprika und Schafskäse) und Ajwar im Restaurant «?» – einer traditionellen Taverne im Zentrum von Belgrad, deren etwas unentschiedener Name offenbar auf einen Konflikt mit der nahen Kathedrale zurückgeht. (August 2013)
Die einfachen Zutaten für ein klassisches Ajwar: Paprika und Aubergine in einem Verhältnis von 6:1, Salz, etwas Olivenöl und Essig. (Zürich, August 2013)
Nach dem Rösten kommen die Paprika in Plastikbeutel, wo sie sich tüchtig ausschwitzen.
Nach dem Ausschwitzen sollte sich die Haut recht leicht von den Früchten abziehen lassen.
Im Mixer würde das Mus zu flüssig und verlöre jede Struktur – ein Fleischwolf aber produziert die richtige Konsistenz.
Zu Beginn des Kochprozesses ist das Ajwar noch eher flüssig – es wird auf etwa die Hälfte seines Volumens eingekocht.
Nach etwa drei Stunden hat das Mus eine deutlich festere Konsistenz und eine etwas dunklere Farbe angenommen.
Die Konsistenz des Ajwar prüft man indem man einen Löffel Mus auf einen Teller gibt und einen Moment wartet. Bildet sich eine wässrige Aureole um das Häufchen (links), muss das Ajwar weiter gekocht werden – tritt keine Flüssigkeit mehr aus, ist das Mus ausreichende eingedickt.
Heiss in saubere Gläser abgefüllt und an einem kühlen und dunklen Ort aufbewahrt, hält sich Ajwar einige Wochen lang.

First Publication: 21-8-2013

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