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Ein minuziös restaurierter Wagen der ehemaligen Compagnie des Chemins de Fer de Santa Lemusa.

Duvet

Bezirk: Est (Vorwahl: 03) – Karte
Einwohner: 258 (Mai 2011)
Kurzbeschreibung: Einst fuhr eine Eisenbahn quer durch den Dschungel von Port-Louis nach Bouden – heute erinnert nur noch das Musée du Chemin de Fer in Duvet an den Dampf von früher.
Spezialitäten: –

Seit Dezember 2005 hat die kleine Gemeinde Duvet eine ganz spezielle Attraktion zu bieten: das Musée du Chemin de Fer de Santa Lemusa. Nun sind Eisenbahnmuseen ja nicht gerade eine Seltenheit. Das Besondere an diesem Museum aber rührt daher, dass bis vor einigen Monaten kaum jemand auf der Insel wusste, dass es überhaupt je eine Eisenbahn auf Santa Lemusa gegeben hat. Die Wiederentdeckung des «Smind'fe», wie der Chemin de Fer auf Santa Lemusa genannt wird, ist einzig Chi-Hsiang Chen zu danken, der heute auch als Direktor des Museums amtet. Er hat 2001 im Urwald hinter Duvet die Schienen der ehemaligen Eisenbahn wiederentdeckt und in den folgenden Jahren eine grössere Strecke freigelegt. Nach umfangreichen Untersuchungen im Gelände ist es ihm gelungen, den ungefähren Streckenverlauf der Eisenbahn zu rekonstruieren.

Der blaue Pfeil markiert den von Chi-hsiang Chen rekonstruierten Streckenverlauf der Eisenbahn von Santa Lemusa.

Die Strecke des Smind'fe führte von Port-Louis zunächst nach Westen, dem nördlichen Ufer der Miosa entlang. Auf der Höhe der Bitasyon Francelle lag vermutlich eine erste Station. Bei St. Anne an Pyès bog die Bahn nach Norden ab, um bei Duvet erneut zu halten. Hinter Duvet durchquerte der Smind'fe auf ziemlich geradem Weg den dichten Urwald. Kurz vor Bouden führte die Strecke über die Rivière Vany, um dann in einer scharfen Kurve in Richtung Atlantik abzubiegen.

Die Geschichte des Smind'fe

Chi-hisiang Chen hat auch Stunden und Tage damit zugebracht, in den Archiven des Musée historique von Santa Lemusa die Geschichte des Smind'fe zu erforschen – sie sei hier in aller Kürze zusammengefasst. Der Bau der Eisenbahn von Santa Lemusa geht auf die Initiative von Louis d'Ocieszyek-Bruno zurück, der von 1855 bis 1867 Staatspräsident von Santa Lemusa war. Der Bau wurde im Mai 1864 begonnen – und zwar von der Hauptstadt Port-Louis aus. Als Ingenieure zeichneten Aristide Lestrade und Émile Fabre verantwortlich, die auch die Bauleitung innehatten. Am Anfang kamen die Arbeiten gut voran – ist das Gelände entlang der Miosa doch relativ flach und einfach zu terrassieren. Ausserdem diente der Fluss als Transportweg für die Baumaterialien. Bis zum Februar 1865 waren die Schienen bis kurz vor Duvet verlegt. Nun begann der schwierigere Teil des Projekts, denn es galt, den dichten Wald zwischen Duvet und Bouden zu durchqueren. Die Arbeiten wurden zugleich von Duvet und von den Ufern der Vany (rund 1 km westlich von Bouden) her begonnen. Im Dezember 1865 war die Schneise durch den Urwald geschlagen und am 30. März 1866 dampfte bereits die erste Lokomotive von Ozean zu Ozean.

Ein Ort zum Träumen - Samuel Herzog (Geschäftsführer von HOIO) in einem Wagen der ehemaligen Eisenbahn von Santa Lemsua.

Zu Beginn war die Eisenbahn ein voller Erfolg. Es wurden die verschiedensten Güter auf ihr transportiert - vor allem aber liebten es die Bewohner von Port-Louis, sich an heissen Tagen mit der Bahn aus der warmen Hauptstadt in das kühlere Bouden an der Atlantikküste chauffieren zu lassen. Dies trug der Bahn auch ihren Übernamen «Express-Frèt» («Frische-Express» oder «Kälte-Express») ein. - Warum die Compagnie des Chemins de Fer de Santa Lemusa schon in den frühen 1880er Jahren eine erste Krise durchmachte, gibt derzeit noch einige Rätsel auf. Sie erholte sich kurzweilig in den späten 1880er und frühen 1890er Jahren, um dann gegen Ende des Jahrhunderts in immer schlimmere Verhältnisse zu geraten. Noch vor 1899 musste die Compagnie einen Grossteil ihrer Beamten entlassen und den übrigen die Gehälter kürzen. Vielleicht war es Misswirtschaft, welche die Compagnie in diese üble Lage brachte, vielleicht aber erwuchs der Eisenbahn auch durch den Ausbau des Strassennetzes zunehmend Konkurrenz.

Vollständig vergessen

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts war die Compagnie des Chemins de Fer de Santa Lemusa wirtschaftlich am Boden. Zwar wurde die Strecke offenbar zeitweise noch befahren, wurden Güter und gelegentlich auch Personen auf ihr transportiert – von einem geregelten Betrieb aber war sie weit entfernt. Wann die Bahn von Santa Lemusa definitiv geschlossen wurde, wissen wir nicht. In den 1950er Jahren jedenfalls war sie nicht nur von allen Plänen verschwunden, sondern offenbar auch bereits vollständig in Vergessenheit geraten. Bis zu ihrer Wiederentdeckung durch Chi-hsiang Chen vergingen also rund fünfzig Jahre.

Siehe auch

First Publication: 2004

Modifications: 14-2-2009, 30-9-2011, 8-7-2013