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Normalerweise schwimmen bei einer Rinderbrühe die vegetabilen Zutaten an der Oberfläche. (Zürich, April 2010)

Rinderbrühe

Und das weiss das Lexikon

Rinderbrühe ist ein wichtiger Bestandteil von vielen Rezepten. Es gibt sehr gute Konzentrate, einige mit langer Geschichte wie etwa Justus Liebigs Fleischextrakt oder das britische «Bovril». Und es gibt auch Brühwürfel oder Pulver und Granulate, die als Rinderbrühe verkauft werden. Sie enthalten allerdings in der Regel weniger als 1% Fleischextrakt und bestehen ansonsten hauptsächlich aus Salz, Würzmitteln, Hefeextrakt resp. Geschmacksverstärker, Zucker und Glucose, die mit Hilfe Pflanzefett gebunden werden. Mit kochendem Wasser übergossen werden auch sie zu geschmacklich erstaunlich feinen Suppen. Diese fast gänzlich fleischlosen Fleischbrühwürfel gehen auf Julius Maggi zurück, der 1907 erstmals Brühwürfel auf den Markt brachte, die statt Fleischextrakt eine Art Würzpaste aus denaturiertem Pflanzeneiweiss enthielten – und doch nach Fleisch schmeckten. Diese  «Bouillon Kub», wie sie in Frankreich hiessen, waren deutlich billiger herzustellen als jene Würfel, welche die Liebig’s Extract of Meat Company seit den 1880er Jahren vertrieb und die aus Fleischextrakt und Rindertalg bestanden. Die meisten Rinderbrühen werden heute aus den billigen Brühwürfeln gemacht. Zum Vergleich: 1 Liter Brühe aus Liebigs Fleischextrakt kostet etwa CHF 2.50 – 1 Liter Brühe aus Maggi-Würfeln dagegen nur etwa CHF 0.50. Wesentlich teurer noch ist 1 Liter selbstgemachte Brühe – sie kostet wenigstens CHF 10. Ob die selbstgemachte Brühe auch am besten schmeckt, sei dahingestellt – man kann es sich jedenfalls auf vergnügliche Weise einbilden.

Es gibt ganz verschiedene Methoden, Rinderbrühe herzustellen: Man kann Rinderknochen, Beinscheiben, Querrippen oder auch vom Mark befreite Markknochen verwenden. Manche Köche, vor allem in Asien, kombinieren die Rinderknochen mit Schweineknochen. Eine Brühe gewinnt, wenn mit dem Fleisch ein wenig Gemüse gekocht wird – nicht zu viel jedoch, sonst dominiert es den Geschmack der Brühe. Es eignen sich Zwiebeln, Schalotten und Knoblauch, Karotten, Lauchgrün, Knollensellerie, Petersilienwurzel, Pastinaken etc. In Europa würzt man Rinderbrühe oft mit einem Bouquet garni, das klassischerweise aus Petersilie, Thymian und Lorbeer besteht. Ausserdem gibt man in der Regel ein paar angedrückte Pfefferkörner zu, manchmal Liebstöckel oder Bohnenkraut. Auch mit exotischen Gewürzen kann man spielen – wobei alles Konsequenzen hat. Mit Piment und Nelken oder auch einer Stange Zimt bekommt die Brühe ein ganz andere Note als ohne – eine Chilischote gibt ihr etwas Schärfe, ein Stückchen Ingwer verleiht ihr eine warmscharfe, exotische Tendenz.

Manchmal heisst es, je länger das Fleisch in einer Brühe ausgekocht werde, desto besser schmecke das Resultat. Und tatsächlich gibt es verschiedene Kochtraditionen, in denen Knochen und Fleisch sehr lange kochen müssen. Die vietnamesische Nationalbrühe Pho Bò etwa muss traditionell einen Tag und eine Nacht lang brodeln – und auch für den Jus der vor allem im Süden Japans so beliebten, herrlich milchigen Tonkotsu Ramen werden Schweineknochen 24 Stunden lang ausgekocht. Das hat sicher seinen Grund. Und doch ist es generell so, dass der Geschmack einer Brühe seinen Höhepunkt erreicht, wenn das Suppenfleisch ganz durchgegart und weich ist – was bei Rindfleisch etwa nach drei Stunden (oder etwas mehr) der Fall ist. Danach nimmt das Aroma der Brühe wieder ab.

Grundsätzliche Regeln für die Herstellung von Fleischbrühe

  1. Eine schöne Brühe sollte möglichst klar sein - wird sie länger als zwei bis drei Minuten heftig gekocht, wird sie trüb. Man sollte die also eher sieden oder köcheln als kochen. Um die Temperatur zu regulieren kann man von Zeit zu Zeit etwas kaltes Wasser zugeben.
  2. Der Schaum, der sich beim Kochen auf der Oberfläche bildet, sollte regelmässig abgeschöpft werden – am besten mit einem Schaumlöffel (oder einer Schöpfkelle). Ob der Schaum die Brühe wirklich bitter macht, wie manche behaupten, sei dahingestellt – eine Trübung bewirkt er auf jeden Fall. Es gibt allerdings auch Köche, die das Abschöpfen des Schaums für überflüssig halten. Bei der Herstellung einer Rinderbrühe steigt allerdings ohnehin nicht sehr viel Schaum auf – die Diskussion erübrigt sich also hier (beinahe jedenfalls).
  3. Zum Durchsieben der Brühe benutzt man ein feimaschiges Sieb, am besten ein Spitzsieb. Man gibt die Brühe mitsamt den festen Bestandteilen hinein und drückt mit dem Rücken einer Schöpfkelle oder mit einer Holzkelle die Rückstände heraus – ohne aber die festen Bestandteile hindurchzudrücken.
  4. Fett im Fleisch schadet einer Brühe nicht – das gilt allerdings nur für das im Innern des Fleisches lagernde Fett, nicht für das Fett etwa in der Hühnerhaut, die man vor dem Kochen besser vom Tier abzieht.Ob man das Fett zum Schluss wieder entfernen möchte oder nicht, ist eine Frage des Geschmacks. Will man die Brühe entfetten, lässt man sie am besten abkühlen und stellt sie dann in den Eisschrank. Beim Erkalten wird das Fett fest und bildet eine mehr oder weniger dicke Schicht auf der Oberfläche der Flüssigkeit, die sich gut entfernen lässt.
  5. Man kann die Brühe 2 bis 3 Tage im Eisschrank aufbewahren, dann aufkochen und 10 Minuten köcheln lassen – und anschliessend nochmals drei Tage kühl aufbewahren. Viel länger hält die Brühe natürlich gefroren.

Kochzeit gut 3 Stunden
Abkühlzeit 4 bis 6 Stunden

Zutaten (für 2.5 bis 3 Liter Brühe)

1 kg Suppenknochen vom Rind (in der Schweiz sind das meist Knochen aus der Rinderbrust)

500 g Markknochen vom Rind (Beinscheiben mit Mark) – ohne das Mark, das man herausdrücken und für die spätere Verwendung etwa in einem Risotto einfrieren kann

700 g Schwanzknochen vom Rind (Ochsenschwanz)

600 g mageres Siedfleisch (Suppenfleisch wird in der Schweiz meist aus der Brust geschnitten, mageres Siedfleisch entspricht etwa dem abgedeckten Federstück im deutschen Schnitt)

30 g Salz

2 grosse Zwiebeln, geputzt, mitsamt Schale

8 Zehen Knoblauch, mit Schale, leicht zerdrückt

1 Stück frischer Ingwer von derGrösse einer mächtigen Baumnuss (ca. 40 g), geputzt aber mit Schale, in groben Scheiben

1 kleiner Knollensellerie (von etwa 150 g),geputzt in groben Stücken

1 kleiner Lauch (von ca.100g), geputzt, in Rädchen

1 bis 2 Karotten (etwa 100 g), mit Schale, in groben Rädchen

1 Sträusschen glatte Petersilie (ca.40 bis 50 g), abgebraust und grob zerhackt (mitsamt Stängeln)

3 scharfe, rote Chilis (ganz)

1 EL schwarzer Pfeffer, grob zerstossen

Zubereitung

  1. In einem grossen Topf (mit einem Fassungsvermögen von wenigstens 6 bis 7 Litern) Wasser zum Kochen bringen und die Knochen sowie das Fleisch darin rund 3 bis 5 Minuten blanchieren. Abgiessen, Fleisch in ein Sieb geben und unter kaltem Wasser abbrausen.
    Ob es wirklich nötig ist, Knochen und Fleisch zu blanchieren, sei dahingestellt. Traditionell stellt das Blanchieren den ersten Schritt einer Brüheherstellung dar. Es heisst, dass dabei unnötiges Blut aus dem Fleisch geholt wird – Blut, das die Brühe sonst bitter machen könnte. Es gibt allerdings auch Köche, die diesen Schritt für überflüssig halten. Andere Rezepte blanchieren zwar die Knochen, beschränken sich aber beim Fleisch darauf, es unter kaltem Wasser abzuwaschen.
  2. Knochen und Fleisch wieder in den Topf geben und mit etwa 3 bis 3.5 Liter Wasser gut bedecken, Salz beigeben. Langsam zum Kochen bringen, Hitze reduzieren und etwa 1 Stunde lang leicht sieden lassen (keinesfalls heftig kochen). Den Schaum, der sich an der Oberfläche bildet (das koagulierte Eiweiss) von Zeit zu Zeit abschöpfen (vergleiche dazu auch Punkt 2 bei den Grundsätzlichen Regeln).
  3. Die Zwiebeln quer halbieren und die Schnittfläche auf dem Grill oder in einer Pfanne ohne Fett bräunen.
  4. Hat das Fleisch 1 Stunde lang gekocht, restliche Zutaten (Zwiebel, Knoblauchzehen, Ingwer, Knollensellerie, Lauch, Karotten, Petersilie, Chilis und Pfeffer) beigeben und alles weitere 2 Stunden ohne Deckel köcheln lassen. Kocht die Brühe zu heftig, kann man sie mit etwas kaltem Wasser bremsen. Von Zeit zu Zeit den Schaum entfernen, der sich bei diesem Rezept allerdings nur in relativ geringem Mass auf der Oberfäche bildet.
  5. Topf vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen. Das Stück Siedfleisch herausfischen, 10 Minuten in eine Schüssel mit kaltem Wasser legen, dann in Küchenfolie packen und kühlstellen.
    Das magere Siedfleischstück kann man auch sofort warm essen, später als Suppeneinlage verwenden, kalt als Salat anrichten oder nach Art der Österreicher mit Essig und Zwiebelringen auftischen.
  6. Die Ochsenschwanzstücke herausfischen und das Fleisch von den Knochen klauben, beiseite stellen. Brühe mitsamt den Knochen in ein engmaschiges Sieb, am besten ein Spitzsieb geben (je nach Siebgrösse in mehereren Etappen). Die Flüssigkeit gut aus den Suppenknochen drücken – ohne jedoch feste Bestandteile durch die Maschen zu pressen (sie würden die Brühe trüben). Man kann auch leicht gegen den Rand des Siebes klopfen, um so das Ablaufen der Flüssigkeit zu beschleunigen.
    Die Stücke vom Ochsenschwanz sind überaus delikat – sie können zum Beispiel ebenfalls als Suppeneinlage verwendet oder mit einer Sauce angerichtet werden.
  7. Brühe ganz erkalten lassen. Während sie abkühlt, steigen Fett und Trübstoffe zur Oberfläche auf und bilden dort eine relativ feste Schicht, die sich mit Hilfe eines Löffels leicht entfernen lässt (siehe auch Punkt 4 bei den grundsätzlichen Regeln).
  8. Wenn man die Brühe nicht sofort verwendet, friert man sie am besten in kleineren Portionen ein. Wenn man die Brühe kühl stellt, dann bekommt sie wegen der ausgekochten Knochen eine gelatineartige Konsistenz – die verliert sich jedoch beim Erwärmen sofort.

Zu Beginn der Kochzeit riecht die Brühe recht stark nach Ingwer. Dieser Duft verliert sich allerdings etwa nach einer Stunde. Riecht eine Brühe zu stark nach Fleisch oder ist sie im Eisschrank etwas schal geworden, kann man sie mit einem Stück frischen Ingwer recht einfach revitalisieren.

Wenn wir nicht gerade ein vernünftiges Brühe-Rezept verfassen müssen, dann kochen wir die Brühe nach einem etwas anderen, sehr persönlichen Verfahren. Wir beginnen an einem späteren Abend und köcheln die Knochen gute zwei Stunden lang. Dann nehmen wir sie vom Feuer und lassen sie mit allen Zutaten (ausser vielleicht dem Siedfleisch) über Nacht ganz langsam auskühlen und dabei weiter ziehen. Am Morgen kochen wir sie noch einmal schnell auf, lassen sie ein paar Minuten köcheln, und seihen sie dann ab. Anschliessend lassen wir sie bis zum Abend stehen, damit wir das Fett abnehmen können. So kommen wir insgesamt auf eine ‹Kochzeit› von 24 Stunden.

Ein grosser Haufen Fleisch und ein wenig Gemüse, das sind die Zutaten für eine selbst gemachte Rinderbrühe (wobei das abgedeckte Federstück und die Chilis nicht mit auf's Gruppenfoto wollten).
Die Zwiebeln lassen sich gut zum Beispiel in einer nicht beschichteten Stahlpfanne bräunen.
Bei der Zubereitung einer Rinderbrühe bildet sich nur zu Beginn des Kochprozesses ein wenig Schaum, der abgeschöpft werden kann.
Beim Erkalten steigt das Fett in der Brühe auf und bildet eine relativ feste Schicht auf der Oberfläche, die sich mit Hilfe eines Löffels leicht entfernen lässt.

First Publication: 2-5-2010

Modifications: 9-10-2011, 22-5-2015