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Buddha's Fest ist ein buddhistischer Eintopf, der weder Fleisch noch Fisch oder lauchige Zutaten wie Knoblauch und Zwiebeln enthalten soll. Unser erster Versuch vom 26. März 2011.

Buddha's Fest

Vegetarischer Eintopf, traditionell mit 18 Zutaten

«Buddha's Fest» oder auch «Buddha's Entzücken» (englisch: Buddha's delight, chinesisch: Luó hàn zhāi, 羅漢菜) gehört zu den berühmten Klassikern der vegetarischen Küche Chinas, insbesondere der buddhistischen Klosterküche. Traditionell enthält der Eintopf deshalb weder Fisch noch Fleisch, weder Knoblauch noch Zwiebeln – und auch keine Saucen oder Pasten, in denen sich solcherlei als Zutat findet. In chinesischen Restaurants werden jedoch auch zahlreiche Versionen angeboten, die Fisch- oder Meeresfrüchte, Knoblauch oder Hoisin-Sauce (mit Knoblauch) enthalten und so nicht mehr in einen buddhistischen Speiseplan passen würden. Ein verbindliches Rezept für Buddha's Fest gibt es natürlich nicht. Und Bücher zur buddhistischen Tempelküche wie das von Martina Hasse («Die Chinesische Tempelküche») schweigen sich leider zum Thema aus – vielleicht weil dem Gericht etwas leicht Altmodisches anhaftet.

18 Zutaten

Wir haben bei der Entwicklung unseres Rezepts diverse Quellen konsultiert: Terry Tan («Healthy Chinese Cooking», S. 38), Deh-Ta Hsiung («Die chinesische Küche», S. 193) und Shiu-ying Hu («Food Plants of China», S. 67f.) sind sich einig, dass Buddha's Fest traditionell aus 18 Zutaten besteht. Die Erklärungen dafür sind sehr heterogen, haben aber immer mit buddhistischer Zahlensymbolik zu tun. Shiu-ying Hu zum Beispiel schreibt: «In Chinese tradition, it is said that Buddha had 18 close disciples called Shi-ba luo-han, therefore this dish calls for 18 principle ingredients». Wir haben indes keine weiteren Hinweis darauf gefunden, dass die Zahl «18» im Buddhismus eine spezielle Bedeutung hätte – allenfalls als eine Art Verkürzung oder Symbol für die Zahl 108, die unter anderem für die 108 Fragen steht, die der Bodhisattva Mahamati im «Lankavatara Sutra» an Buddha richtet. Allerdings führen auch jene Rezepte, die sich nicht direkt auf eine buddhistische Symbolik beziehen, oft ungefähr (oder genau) 18 Zutaten an, aus denen «Buddha's Fest» gekocht werden soll. Wobei es bei natürlich einen Unterschied macht, ob man auch Aromastoffe wie Sojasauce, Reiswein etc. als «Zutaten» gelten lässt oder nur die verschiedenen Gemüse und Pilze. Wir haben uns gewissermassen als Arbeitsrahmen vorgenommen, Buddha's Fest mit 18 Zutaten zubereiten – wobei wir, da zu viele Ingredienzien die Party doch schnell einmal verderben, auch alle Flüssigkeiten und Aromata zu den Zutaten zählen. Wir haben bewusst auf alles zu verzichtet, was in einer buddhistischen Diät stören würde (soweit wir das beurteilen können).

Buddha's Fest gehört zu den Speisen, die auch traditionell an den ersten Tagen nach dem chinesischen Neujahrsfest zubereitet werden – die Gründe dafür werden sehr unterschiedlich beschrieben. Auf jeden Fall werden die verschiedenen Zutaten dann auch wegen ihrer symbolischen Bedeutung ausgewählt. Anbei eine Illustration aus «Honolulu Star-Bulletin», einer 2010 eingestellten Publikation.
Der erste Versuch

Unser erster Versuch (am 26. März 2011) mit lauter allgemein als ‹klassisch› geltenden Ingredienzien* führte zu einem Gericht, das nicht schlecht war – aber auch nicht besonders aufregend. Wir fanden vier zentrale Kritikpunkte:
1. fehlte es dem Gericht an Struktur
2. hatte der Eintopf nicht die erwünschte Aromatiefe
3. störten uns die vielen fasrigen Teile
4. fanden wir alle grünen Zutaten (Zuckerschoten, Kohl) im bräunlich getönten Endresultat vor allem farblich nicht befriedigend.

* Shitake-Pilze, Tofuhaut, Lilienblüten-Knospen, Rapsöl, Ingwer, Sojabohnenpaste, Sojasauce, Reiswein, Chinesische Datteln, Lotus-Samen, Ginko-Samen, Judasohren, Enokitake, Brassica cinensis , Baby-Mais, Zuckerschoten, Glasnudeln

Grundsätzliche Überlegungen

Wir haben uns also für den zweiten Versuch eine ganze Reihe von Veränderungen vorgenommen:
- statt der normalen Tofuhäute nahmen wir solche mit Knoten, die deutlich mehr Biss haben
- statt der fasrigen Enokitake nahmen wir knackige Reisstrohlinge aus der Dose
– für ein tieferes Aroma fügten wir etwas eingelegtes Tofu hinzu sowie als sehr unorthodoxe Zutaten ein wenig gerösteten und gemahlenen Sichuan-Pfeffer
– wir bereiteten Zutaten mit langer Garzeit (Tofuhaut, Shiitake) besser vor und reduzierten dafür die Kochzeit des zusammengesetzten Gerichts
– grünes Gemüse wie Zuckerschoten und Kohl haben wir nicht mehr verwendet, dafür knackigere Zutaten wie die Reisstrohlinge und gehaltvolles wie frittiertes Tofu
– die Ginkosamen schienen und den Lotussamen zu ähnlich und die Maiskölbchen fanden wir zu pobelig

Weitere Versuche

Der zweite Versuch hatte deutlich mehr Aroma und viel mehr Biss als Nummer 1. Doch nun waren einige Zutaten noch etwas roh und insgesamt wirkte das Gericht etwas heftig. Beim dritten Versuch hatte alles etwa den richtigen Gargrad – jetzt aber störten uns die verknoteten Tofuhäute weil sie auch nach längerer Kochzeit im Innern des Knotens ein ganz spezifisches, unserer Ansicht nach in diesem Fall eher unpassendes Aroma bewahren. Also kehrten wir zurück zu gewöhnlicher Tofuhaut. Beim vierten und fünften Versuch verbesserten wir hauptsächlich die Würze und die sechste Runde schliesslich erfolgte nach genau dem Rezept, das wir nun auch auf dieser Seite vorstellen. Insgesamt fanden wir es nicht einfach, «Buddha's Fest» zu einem Punkt zu bringen, an dem das Wort «Fest» eine gewisse Berechtigung hat. 

Variationen gibt es zu Hauf und man kann fast unendlich mit den Konsistenzen spielen (x statt y etc.) – bei der Sauce indes glauben wir ein gewisses interessantes Gleichgewicht gefunden zu haben…

Luó hàn zhāi 

Der chinesische Name des Gerichts lautet Luó hàn zhāi, 羅漢菜. Zhāi (oder zhāi cài) heisst einfach «vegetarische Kost» während Luó hàn eine chinesische Transliteration des Sanskrit-Wortes Arhat ist. Im Buddhismus ist Arhat ein Gläubiger, der eine hohe Stufe der Erleuchtung erreicht hat – wobei die genaue Bedeutung sich je nach Landschaft und Schule stark unterscheidet.

Buddha's Fest ist ein eher aufwendiges Gericht. Die meisten Köche schon einige Zeit brauchen, nur die nötigen Zutaten zu besorgen (je nach Wohnort hilft unser Einkaufsführer). Verschiedene Zutaten dieses Gerichts müssen wenigstens 60 Min. eingeweicht werden, andere nur 10 oder 20 Min. Die Kochzeit selbst ist dagegen verhältnismässig kurz. 

Zutaten (für 4 Personen)

25 g Shitake-Pilze, getrocknet 

30 g getrocknete Lotus-Samen 

25 g Tofuhaut

5 g Schwarz-weiss-Pilze

5 g Lilienblüten-Knospen

6 rote chinesische Datteln, (eher eine trockene Sorte) gewaschen 

2 gehäufte TL eher dunkle Sojabohnenpaste (Miso)

2 gehäufte TL fermentiertes Tofu mitsamt Saft (wir mögen das in Taiwan hergestellte Tofu der Marke «Shii Fure», schon wegen der kleinen Gläschen)

½ dl Sojasauce

1½ dl Reiswein (am besten Shào Xīng)

1 TL gerösteter und gemahlener Sichuan-Pfeffer

1 TL Zucker

1 EL Rapsöl

30 g Ingwer, geputzt, in feinen Streifen (20 g geputzt)

50 g Reisstrohpilze aus der Dose, abgetropft

50 g frittiertes Tofu (oder auch etwas mehr)

1 Karotte (100 g ) geputzt in Rädchen

20 g Glasnudeln (oder Reis-Vermicelli)

ev. ein paar Tropfen Sesamöl

HINWEIS: Als weitere (alternative) Zutaten haben wir gelegentlich verwendet: Wasserkastanien, Bambussprossen, Lotus-Rhizome, gewöhnlicher statt frittierter Tofu, dicke Reisnudeln statt Glasnudeln. 

Zubereitung

  1. Die Shiitake-Pilze etwa 10 Minuten in heissem Wasser einweichen, dann abspülen, gut ausdrücken. Pilze erneut in 3 dl heisses Wasser legen und rund 60 Minuten ziehen lassen. Aus der Flüssigkeit heben, leicht ausdrücken, Einweichwasser aufbewahren. Stiele von den Pilzen entfernen und entsorgen, die Hüte halbieren.
  2. Die Lotus-Samen etwa 30 Minuten in lauwarmem Wasser einweichen, dann abspülen. Samen in leicht siedendem Wasser rund 30 Minuten köcheln lassen bis sie fast ganz durchgegart sind.
  3. Die Tofuhaut etwa 60 Minuten in heissem Wasser einweichen, abspülen, ausdrücken und in Streifen schneiden. Stellen, die immer noch hart sind, sorgfältig entfernen.
  4. Die Schwarz-weiss-Pilze etwa 30 Minuten in heissem Wasser einweichen, dann abspülen, gut ausdrücken, Stielansätze entfernen und in dünne Lamellen schneiden.
  5. Die chinesischen Datteln rund 20 Minuten lang in lauwarmem Wasser einweichen, dann abspülen und gut ausdrücken.
  6. Die Lilienblüten-Knospen 20 Minuten in warmem Wasser einweichen, dann abtropfen lassen und einen Knoten in jede der «Golden Needles» machen (damit sie nicht ausfasern beim Kochen). Bei grösseren Mengen ein wahrhaft klösterliche Geduldsaufgabe – pro 5 g gibt es etwa 15 Knoten anzufertigen.
  7. Sojabohnenpaste, fermentiertes Tofu, Sojasauce, Reiswein, Sichuan-Pfeffer und das Einweichwasser der Shiitake-Pilze zu einer Sauce verrühren.
  8. Das Öl in einem grossen Topf erwärmen, Ingwer darin anbraten bis es duftet.
  9. Alle Zutaten ausser der Sauce und den Glasnudeln (Tofuhaut, Lotus-Samen, Shitake-Pilze, Schwarz-weiss-Pilze, Lilienblüten-Knospen, Datteln, Strohpilze, frittiertes Tofu und Karotten) beigeben und rund 5 bis 10 Minuten bei mittlere Hitze braten. Normalerweise sollte die Mischung nicht anhaften weil die Ingredienzien einiges Wasser enthalten. (Falls es doch brenzlig wird, sofort zum nächsten Schritt übergehen.)
  10. Mit der Soja-Miso-Wein-Sauce ablöschen, Glasnudeln einrühren und bei eher kleiner Flamme 30 Minuten halb zugedeckt köcheln lassen bis «Buddha's Fest» die Konsistenz eines Ragouts oder Stews hat. Falls die Mischung zu trocken scheint, etwas mehr Wasser beigeben und den Deckel ganz aufsetzen – umgekehrt den Deckel ganz abheben und alles etwas länger köcheln.
  11. Mit ein wenig gedämpftem Reis servieren und ev. zum Schluss ein paar Tropfen Sesamöl über «Buddha's Fest» träufeln.

HINWEIS: Wie so viele Eintöpfe schmeckt auch «Buddha's Fest» deutlich besser wenn es am  zweiten Tag wieder aufgewärmt wird.

Buddha's Fest – Test vom 30. März 2011 in Zürich.
Buddha's Fest – Testessen mit Sylvia und Valentin Herzog am 2. April 2011 in Riehen.

First Publication: 26-3-2011

Modifications: 31-3-2011, 2-4-2011, 11-4-2011, 28-9-2011