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Wer im Restaurant «Grandbwa» speist, isst mitten im Dschungel.

Restaurant «Grandbwa»

Schweissnass kämpfen sie sich mit Hilfe Ihres Buschmessers durch den Dschungel. Sie schlagen dornige Äste nieder und treten tapfer jede pelzige Spinne zu Tode, die sich ihnen in den Weg stellt. Sie stolpern über Echsen, die wie wahnsinnig gewordene Damenhandtaschen durchs Unterholz rascheln. Sie verscheuchen lästig kichernde Affen und schieben sich vorsichtig an einer gewaltigen Python vorbei, die sie blöde - aber Gott sei dank satt - von einem Ast aus anglotzt. Dunkel, feucht und grün scheint der Wald überall zu sein - zirpend liegt er Ihnen in den Ohren, modrig steigt er ihnen in die Nase. Und plötzlich hören Sie leises Gelächter, ausgelassene Stimmen und das Geklapper von Geschirr. Dann schlagen Ihnen die Düfte von gebratenem Geflügel, von Knoblauch, Kräutern und allerlei Gewürzen in die Nase. Nun denken Sie wohl, Sie seien wahnsinnig geworden – vom Stich einer grossen Waldmücke vielleicht oder von der Ausdünstung eines giftigen Pilzes. Und wahrscheinlich haben Sie recht. Es sei denn, Sie befänden sich im Süden der Forêt de Duvet auf Santa Lemusa. In diesem Falle könnte es sein, dass sie zufällig auf das Restaurant «Granbwa» gestossen sind, das berühmte Dschungel-Restaurant der Insel.

Mit einer Fackel durch den dunklen Wald

Das «Granbwa» («Grosser Wald») liegt mitten im dichtesten Regenwald, etwa auf halber Strecke zwischen Palmheim und der N4. Man erreicht es nur zu Fuss über einen knapp eineinhalb Kilometer langen Pfad von Palmheim aus. Dieser Weg ist nicht beleuchtet - und wer abends nach dem Essen den Heimweg antritt, erhält vom Personal eine Fackel. «Bisher ist noch keiner verloren gegangen», versichert Delphine Picard, aber ein wenig Angst hätten manche der Gäste schon. «Das erhöht unseren Umsatz», lacht ihre jüngere Schwester Eliane, «die Leute trinken sich vor dem Rückweg ganz gerne ein bisschen Mut an». «Schluss jetzt», befiehlt Ariane, die jüngste der Drei, «sonst glauben die Leute noch, hier zu essen habe mehr mit einer Mutprobe als mit einem Vergnügen zu tun». 

Die Schwestern Picard

Seit dem Jahr 2000 steht das «Granbwa» unter der Leitung der drei Picard-Schwestern. Und welche Lust es ist, hier zu essen, hat sich längst herumgesprochen. Das Lokal ist vor allem bekannt für seine Fleischgerichte (vergleiche auch unser Rezept für das Poulet Granbwa»). Eliane und Delphine walten in der Küche – während Ariane die Gäste empfängt und den Service koordiniert. Früher stand an der Stelle des «Granbwa» ein kleines Clubhaus, in dem hauptsächlich die Mitglieder des Deutschen Literaturclubs von Palmheim zusammenkamen. Im Rahmen dieser Treffen wurden stets auch kleine Malzeiten gekocht. Vor gut zehn Jahren kam die Gemeinde von Palmheim auf die Idee, in dem Clubhaus ein Restaurant einzurichten. «Der erste Wirt versuchte es mit einer Art Erlebnis-Gastronomie», erinnert sich Eliane: «Überall hingen Käfige mit krächzenden Papageien herum, in einige der Tische waren Vivarien mit lebendigen Schlangen eingelassen - und dressierte Affen spazierten frei im Restaurant herum. Stimmung hatte das schon – aber das Essen war sehr schlecht. Und der Umstand, dass den Gästen aus den Spaghetti ‹Tarzan› immer öfters Kakerlaken entgegenkrochen, war dem Ruf des Etablissements nicht gerade zuträglich.»

Den Wald aus der Küche fernhalten

Als die Picard-Schwestern den maroden Laden übernahmen, bauten sie einen neuen, modernen Küchentrakt und liessen die gedeckte Terrasse sorgfältig renovieren. «So schön der Wald auch ist, man muss ihn aus der Küche fernhalten», erklärt Delphine und fügt mit einem Lächeln an: «Sonst bestimmt er das Menu in einer Art und Weise, die für Vögel besser passt als für Menschen». 

Von Aussen ist das «Granbwa» kaum zu sehen. Man muss schon sehr genau hinschauen, um die hölzerne Terrasse zwischen all den Bäumen und Sträuchern zu erkennen. Allerdings räumt Ariane ein: «Auch wenn es wie Urwald aussieht, der reine, wilde Dschungel ist das nicht. In der unmittelbaren Umgebung des Restaurants sorgen zwei Gärtner dafür, dass uns der Wald nicht über den Kopf wächst.» Dennoch: Wer auf der Terrasse des «Granbwa» sitzt und an einem mit Rum versetzten Fruchtsaft schlürft oder seine Zähne in einen kräftig gewürzten Hühnerschenkel schlägt, wäre wohl kaum erstaunt, wenn sich plötzlich Jane oder Mogli aus dem Dschungel an seinen Tisch schwingen würden.

Ein kleines Suchspiel: Von Aussen ist die Terrasse des «Granbwa» zwischen all den Bäumen und Sträuchern kaum zu erkennen.

Siehe auch

First Publication: 12-2006

Modifications: 16-2-2009, 30-9-2011