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Wörlitz (Germany) Stein (Karte)

Donnerstag, 30. Juli 2015

Wenn es Abend wird und die Besucher des Wörlitzer Parks längst bei einem Eulen-Bier sitzen und die Eindrücke des Tages in sich einsickern lassen, dann bleibt der Stein allein zurück mit dem Wind. Halb Grotte, halb Burg überragt der seltsame Bau nicht nur Insel und See, sondern auch die Weizen-Ozeane seiner Umgebung – wie ein Bild, das aus einem Traum hängen geblieben ist. Der Hut auf seinem Dach ist ein Feuerofen, aus dem einst mächtig Glut und Rauch aufstiegen – zur Freude des Publikums, das sich bestimmt gerne von Fürst Leopold III. Friedrich Franz einladen liess, diesen Vulkan zu bestaunen.

Was für eine Sehnsucht muss der Mann in seiner Brust gehabt haben, der diesen Garten schuf – und einen Vulkan nach dem Mass des Menschen? Habe ich je einen Vulkan so gesehen? Die Vulkane auf Santa Lemusa, auf Island, in Japan – bedeuteten sie nicht stets in erster Linie Überwältigung? Warum sonst musste ich das Erlebnis immer sofort einordnen, mit dem wenigen Wissen verknüpfen, das ich in diesen Dingen habe? Warum sonst die ganze Nervosität? Als ich vor Jahren eine kleine Eruption des Ätna miterlebte, fragte ich mich zunächst, ob ich wohl nicht zu nahe am Geschehen stünde, also in Gefahr sei. Und kaum waren meine Bedenken zerstreut, stellte sich die gierige Unsicherheit ein, ob ich am besten Platz sei, nahe genug, das Spektakel in seiner ganzen Grösse zu erfahren. Kurz: meine Ängstlichkeit und meine Eitelkeit produzierten eine derartigen Dunst, dass der Vulkan dahinter in weite Ferne entschwand.

Hier in Wörlitz aber sagt mir der Park, wo ich zu stehen habe – und hier habe ich auf jeden Fall den besten Blick. Schade, spukt der Vulkan nur noch ganz selten Feuer – denn diesem Erlebnis wäre ich wohl gewachsen. Vielleicht war das die Sehnsucht, die Fürst Franz antrieb, vielleicht wollte er eine künstliche Welt schaffen, der man auf Augenhöhe begegnen kann, die nicht Überforderung ist. Das würde auch die leichte Melancholie erklären, die sich mir beim Anblick dieses Steins ans Herz legt.

Siehe auch

  • Ein funerales Erlebnis zur Episoda: Frischlingskeuke aus dem Wörlitzer Forst («Langsam geschmortes Wildschwein in Wacholdersauce an hausgemachtem Apfelrotkohl, Rotweinbirnen, Kartoffelklössen» im Restaurant «Zum Stein» in Wörlitz)
  • Episoda – eine Sendung für Santa Lemusa (Einführung)
  • Biographie von Peter Polter

First Publication: 28-7-2015

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